Die etwas andere Vorgeschichte zu Warcraft Legion (Teil 1 von 3)

PROLOG

Nordend – am Ende der Welt

Die Sonne ging gerade erst auf, als Kolrarr mit frisch gehacktem Holz zu seiner Hütte heimkehrte. Nur das Plätschern des Baches und das Zwitschern der Vögel klang abseits seiner Fußstapfen im Schnee. Doch auf einmal war da noch was. Die Tür zu seiner Hütte – sie war nur angelehnt. Aber er war doch alleine gewesen. Seit dem Angriff auf den Lich König verirrte sich niemand mehr in diese Gegend Nordends. Kolrarr ließ das Holz langsam zu Boden gleiten und nahm seine Geisterwolfgestalt an. Behutsam näherte er sich der Tür und schlich durch den Türspalt…

drachenöde_berg

„Ich dachte du kommst gar nicht mehr. Gemütlich hast du’s hier.“ Der Trolljäger saß am Tisch und schaute den Wolf an. Kolrarr verwandelte sich zurück in den Orc. „Welch eine Überraschung. Wo kommst du denn her? Ich dachte dich gäbe es nicht mehr. Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen? Vor sechs Jahren?“ – „So in etwa“, entgegnete der Troll. „Meine Motivation der ganzen Kriege und Schlachten war dahin. Also bin ich fort, ein ruhiges Leben suchen. Doch das Glück war mir nicht hold und die Schatten holten mich ein.“ Er hielt kurz inne und schaute Kolrarr in die Augen. „Ich habe schlimme Dinge gesehen und noch weitaus schlimmeres erfahren. Wir müssen handeln. Und dafür brauche ich deine Hilfe.“

Der Orc drehte sich ab und legte Holz im Kamin nach. „Du ziehst dich zurück, verschwindest von der Bildfläche. Und nach sechs Jahren tauchst du aus dem Nichts auf und brauchst Hilfe.“ Ein Funke entglitt seiner linken Hand und das Kaminholz begann zu brennen. „Egal was es ist, ich bin hier oben am Arsch der Welt, weil mir die Welt am Arsch vorbei geht. Ich glaube nicht, dass ich helfen kann oder will. Seit Garroshs Herrschaft will ich nichts mehr mit dem ganzen Schnickschnack um Horde und Allianz zu tun haben. Soll sich die Welt ohne mich abschlachten…“

„Was meinst du warum ich weg gegangen bin. Ich wollte auch nichts mehr von all dem wissen.  Aber das hier ist etwas anderes Kolrarr. Die Legion – sie kehrt zurück. Sargeras plant eine Invasion wie vor 10.000 Jahren. Und wenn sie kommen – dann wird nichts mehr übrig bleiben. Noch nicht mal deine Hütte. Schau dir das an.“ Der Troll zeigte Kolrarr ein halb zerfledertes Pergament. Der Orc las Zeile für Zeile. „Woher hast du das?“ Der Troll schluckte, „ich bin vom Weg abgekommen…“ – „WOHER HAST DU DAS?“, Kolrarr packte den Troll am Kragen und ließ ihn gegen die Wand krachen. „Sura…mar…“, krächzte der Jäger. Kolrarr ließ ihn los. „Das ist unmöglich. – Es kann nicht sein.“ – Kolrarr ließ sich auf einen kleinen Holzhocker nieder und starrte auf das Pergament.

Der Troll fing sich wieder und erzählte von seiner Reise. „Ich war mit einem kleinen Schiff unterwegs und kam vom Weg ab. Strandete auf einer Insel und begriff schnell, wo ich gelandet war. Es waren die verheerten Inseln. Nur mit Mühe habe ich es lebend wieder zurück geschafft. Aber das, was ich gesehen habe….wir müssen sie aufhalten!“ Kolrarr schaute ins Leere.  „Nichts hält Sargeras auf, nicht du, nicht ich, nicht die Horde, nicht die Allianz. Wir können nur sterben…“

Der Troll griff Kolrarr an die Schulter. „Wo ist dein Kampfgeist Orc? Was ist mit dir passiert? Ich dachte du könntest sie wieder vereinen. Nur gemeinsam können wir IHN stoppen…“ Kolrarr lachte lauthals auf „HAHAHAHA – sie vereinen? Wie denn? Sie sind verstreut über die ganze Welt. Der eine baut Flugschiffe, die andere pflegt ihren Garten, andere wiederum saufen sich voll, söldnern umher oder sind tot. Wie sollen wir sie jemals vereinen? Das ist unmöglich…“ Der Troll ließ die Schultern fallen. „Dann sind wir verloren mutloser Orc. Du warst meine letzte Hoffnung.“ Er ging nach draußen.

Kolrarr blickte wieder auf das Pergament und ließ eine Träne die Wangen hinab kullern. Wut stieg in ihm auf. Wut auf die Welt, Wut auf ihn selbst. War das sein Schicksal? Warten auf den Tod? Der Schamane stürmte raus. „Warte – warte…. vielleicht hast du recht. Wenn wir schon sterben – dann wenigstens nicht kampflos und nicht allein. Doch es wird schwer sie alle zu finden und erst recht sie zu vereinen.“

Er überlegte kurz und packte dabei ein paar Sachen in einer Tasche zusammen. „Wir fangen am besten in Mulgore an. Da sind zwei von ihnen sesshaft geworden, dann schauen wir weiter.“ Der Jäger lächelte „Das ist der Orc, den ich kenne. Wie kommen wir am schnellsten dahin?“ Der Schamane nahm seine drakonische Fluggestalt an. „Steig auf Ganugo. Wenn wir uns beeilen, sind wir in ein paar Stunden da. Lass uns zum Sterben keine Zeit verlieren….“

 

DAS TREFFEN

Zwei Wochen später irgendwo in Mulgore

mulgore

Kolrarr erreichte in der Abenddämmerung bei strömenden Regen die geräumige Hütte am Rande von Mulgore. Er band seinen Tiger am Zaun und klopfte an die Tür. „Herein“, klang es von innen. Der Orc betrat den Vorraum. „Ach der Organisator ist auch schon da“, raunte der an der Wand lässig angelehnte Orcjäger. „Hallo Ghorak, dich hätte ich hier nicht erwartet“ erwiderte Kolrarr. „Ich möchte nur Zeuge vom Schiefgehen dieser Operation sein. Reine Neugier.“ Der Jäger grinste.  „Optimistisch wie immer. Grüß dich Kolrarr.“, sagte der mittlerweile grau gewordene Taurenkrieger Thameno und trat aus dem hinteren Teil des Hauses nach vorne. „Ein paar sind bereits angekommen, komm nach hinten durch und setz dich. Wirst von deiner Reise wohl müde sein. „

„Es geht. Ah Varulf ist auch schon da. Grüße.“ Der am Tisch sitzenden Bär drehte nur leicht den Kopf und zwinkerte mit den Augen. „Der gute ist nicht sehr gesprächig. Phaloma im Übrigen auch nicht. Sitzt mit Gottesschild auf der Bank drüben und spielt Karten mit Torel.“ – „Ich traue nur dem Braten nicht und bin halt vorsichtig. Grüße Kolrarr“, sprach der Paladin. Der untote Hexenmeister Torel winkte, lächelte und schaute wieder auf sein Kartenblatt. „Dafür bin ich umso gelaunter“, Josi stand hinter der Theke und schlabberte an einem Grog. „Köstlich. Und ich find’s toll, dass endlich wieder was geht. Prost!“

In diesem Augenblick trat Anira, ein Blech Kuchen in der Hand haltend, aus der Küche. „Heyyyyy Kolle. Da bist du ja. Gibt jetzt erst mal Kuchen zur Stärkung für euch. Ich habe mich an einer Kreuzung aus Friedensblumen und Pestblüten gewagt. Ich nenne das Werk friedliche Pestblüte. Mag jemand ein Stück?“ – „Ähm – ich bleib beim Grog“, Josi kippte den Becher in sich hinein. Kolrarr blickte zu Thameno “ Jetzt versteh ich warum du ohne weiter die Details zu erfragen, ja gesagt hast. Hihi“ – „Ok, das extra große Stück für Kolle…“ kläffte Anira missmutig und stiefelte zurück Richtung Küche.

Orboros kam derweilen zur Tür herein „Ich habe mal ein Spährunde ums Haus gedreht. Ich denke, wir bekommen Gesellschaft…“. Die Taurenjägerin hatte kaum den Satz zu Ende gesprochen, da blitzte und donnerte es draußen, als seien fünf Schamanen am Werk. Keine zehn Sekunden später knallte die Tür wieder auf und ein Taure trat herein, sich das Blut von den Beinen streichend. „Grüße. Hab da wohl was angezogen.“ – „Schön dass du da bist Thamarus und still und klammheimlich wie immer“, grinste Thameno.

„Bei dem Lärm, den ihr hier veranstaltet, ist es ein Wunder, wenn nicht gleich ganz Kalimdor weiß dass wir hier sind“, raunte ein sichtlich genervter Septic. „Aber ich wollte mich im Alter nicht mehr so aufregen.“ Er atmete tief aus….“ich hab ja endlich mein Schwert.“ Er streichelte sanft über die Klinge und blickte in die Runde. „Sind denn nun alle da?“

Kolrarr schaute auf seine Notizen. „Hmm, also die Hells kommen irgendwie nicht aus Nordend weg, Tahandra verspätet sich, Marodin und Rexmundi sind verschollen, Tycoon ist beim Zirkel des Cenarius unabkömmlich und Neemoa findet sicher den Weg wieder nicht. Weiß jemand, was mit Düsterblick ist?“ Josi nippte an seinem Grog und überlegte „Hat er nicht vor geraumer Zeit einen neuen Portalzauber ausprobiert und ist nach dem Durchschreiten verschwunden? Ich meine mich da dunkel dran zu erinnern. Hicks.“ Der Orcschamane blickte wieder zu seinem Zettel. „Was ist mit unseren Bekannten aus Rabenholdt?“ – „Pfeil mit der codierten Nachricht ging wie besprochen über die Burgmauer. Lesen können werden es nur unsere alten Freunde. Ob die Nachricht aber wirklich angekommen ist?“ Orboros zuckte bei den Worten mit den Schultern.  „Ok – Corch und Niragara?“ Kolrarr schaute fragend in die Gesichter um ihn herum. „Sitzen in Sturmwind im Verlies und warten auf ihren Prozess.“ entgegnete Septic. „Dann fehlen wohl nur noch…“

Ein Knistern und Flackern unterbrach Kolrarrs Aufzählung.“ „Guten Tag“, Saeyrn und Nariko traten aus einem Portal. „Wir wurden aufgehalten.“ Ghorak beugte sich leicht zu Saeryn hinüber „Ich dachte schon, du lässt mich mit diesen Irren alleine.“ Die Blutelfenhexerin lächelte spitz „Niemals…“ während der Magier neben ihr anfing Kekse zu zaubern. „Was war denn nun so wichtig, als das wir alle uns in dieser gemütlichen Hütte auf gefühlten 3 Quadratmeter zusammen finden müssen?“

Kolrarr zog das Pergament unter seinem Mantel hervor und erzählte von Ganugos Besuch. Das Pergament ließ er durch die Reihen geben.

„Wo ist Ganugo jetzt?“, wollte Anira wissen. „Er wollte noch weitere Vorbereitungen treffen und wird uns zu gegebener Zeit wieder aufsuchen.“ Kolrarr erkannte an den blassen Gesichtern, dass alle den Inhalt des Pergaments nun kannten.

Saeyrn fand als erstes ihre Worte wieder „Wenn das was Ganugo bzw. du erzählt hast und das hier stimmt“, sie deutete auf das Stück vergilbtes Papier, „dann steht uns nicht weniger als das Ende der Welt bevor und das werden wir mit einer Rentnertruppe wie dieser hier nicht zu verhindern wissen. Davon müssen Vol’jin und die anderen Anführer erfahren. Wir können da sicher nichts ausrichten.“

„Wenn man sich die Kriegsvorbereitungen im Land anschaut, dann bin ich mir sicher, dass unsere Anführer schon davon wissen. Zumindest in Teilen. Sie planen schon mit ziemlicher Sicherheit eine Invasion der Verheerten Inseln. Doch sie werden scheitern, man wird sie erwarten.“, erwiderte der Orcschamane. „Und was sollen wir dann tun? Sargeras mit unserer gnadenlosen Weisheit und Kampfkunst überlisten oder wie?“ Ghorak schaute provozierend drein.

Kolrarr holte ein weiteres Stück Papier aus seiner Tasche, eine Karte. „Es gibt einen relativ unbekannten Pfad ins Landesinnere der Insel nach Suramar. Wir müssen lediglich die Küste an dieser Stelle sicher erreichen“, er zeigte mit dem Finger auf eine Markierung auf der Karte, „und uns anschließend durch den Pfad schleichen. Ganugo hat den Pfad ausgekundschaftet und wird uns dort erwarten.“

„Was meinst du mit ’sicher erreichen‘?, Septic schaute kritisch, “ wenn doch alle Truppen wie erwähnt erwartet werden. Uns wird es da nicht anders ergehen, als dem Rest.“

Kolrarr zeigte auf Thameno „Na Tham baut doch mittlerweile erfolgreich Flugschiffe.“ Der Taurenkrieger griff die Vorlage auf, „Ich habe da gerade ein Flugschiff fast fertig. Es ist sehr wendig und kompakt. Damit sollte die Überfahrt gelingen. Wir brauchen nur noch einen Steuermann, aber den finde ich schon. Momentan basteln noch ein paar Goblins an dem Ding, aber in drei bis vier Tagen sollte es abfahrbereit sein.“

„Wir würden uns in fünf Tagen südlich von Ratchet treffen. Dort gibt es einen flachen Küstenstreifen, an dem die Abfahrt gelingen sollte. Bis dahin hätten alle noch Zeit für Vorbereitungen.“ Kolrarr schaute fragend in die Runde. „Seid ihr dabei?“

Alle schauten sich gegenseitig an und nickten dann ausnahmslos. „Ich hab da ein ganz mieses Gefühl. Aber was bleibt uns schon anderes übrig.“ Phaloma fasste zusammen, was alle dachten. „Na dann, wir wollen keine Zeit verlieren. Weitere Pläne können wir uns noch überlegen, wenn wir da sind.“ Thamarus klatschte in die Hände und stiefelte hinaus, die anderen machten es ihm langsam nach.

Orboros packte Anira beim Rausgehen am Arm und flüsterte „Wie viele von Thams Flugschiffen sind denn schon im Einsatz?“ Anira wartete kurz mit einer Antwort, als müsste sie überlegen, wie sie es formulieren sollte und entgegnete dann: „Sagen wir mal so, bisher ist noch keines erfolgreich gestartet. Aber er hat bei den letzten Malen deutliche Fortschritte gemacht. Es ist schon lange keines mehr am Boden explodiert. Das wird schon….“ Orboros erbleichte…

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(Alle Rechte an den Bildern Blizzard Entertainment)

14 Gedanken zu „Die etwas andere Vorgeschichte zu Warcraft Legion (Teil 1 von 3)

  1. Sehr klasse geschrieben! Ich habe in vielen Passagen fast die Gesichter der Chars gesehen 🙂 Ich bin echt gespannt wie es weiter geht. Vielleicht sieht man sich aber auch in WoW mal wieder ob das bei mir nun Tham ist kann ich nicht mal sagen, aber sehr schön!

  2. Der absolute Hammer! Ein Kapitel in meinem Leben das abgeschlossen war, kommt nun einfach aus dem Nichts zurück.

    Wahnsinn Kolle!!!

    Grüße an Euch alle! Ich habe Gänsehaut
    Ganugo

  3. Kolle, der rasende WoW-Reporter und Geschichtenerzähler. Klasse Story, weiter so! Ich bin heute noch ab und an in WoW unterwegs, immer noch auf Gilneas und immer noch primär mit Avalanche ?. Nur das Raiden hab ich vor langer Zeit drangegeben.

    Gruß und Mau

    Ava

  4. Einfach genial Kolle, als wäre es gestern gewesen als wir uns alle das letzte Mal gesehen haben! Mach weiter so und vielen Dank für das Zurückholen einer verdammt geilen Zeit!

    Liebe Grüße an alle
    Healy / Septic

  5. Schön dass es euch gefällt. Na wie bei jeder Trilogie wird der zweite Teil natürlich noch besser 🙂
    Eine Bitte hätte ich noch. Wenn jemand aktuelle Mailadressen von Maro, Torel, Corch und Josi hat, bitte mal per Mail schicken oder die Mail weiterleiten. Von denen habe ich leider nur eine Fehlermeldung bekommen. Von Hellsick zwar auch, aber der sollte das über Hellwitch und Thamarus irgendwie mitkriegen….hoffe ich.

  6. Dunkle Grüße von den Hells 🙂
    Ich gebs an den Herrn Hellsick weiter. Die Email schicke ich Dir gleich mal rüber.
    Das ist echt super genial geschrieben. Wirklich, ich hatte so viele Chars direkt im Kopf und auch wenn es schon lange her ist, man vergisst es doch irgendwie nicht.
    Mir graut schon davor, wenn unsere Jungs (8J.) damit um die Ecke kommen.

    Bis bald dann – P.S. Düsseldorf ist ja nicht soooo weit weg von Euch 😉

  7. Ich bin aus dem Verlies im Sturmwind ausgebrochen die Allis hatten keine Chancen 🙂

    Huhu an alle und liebe Grüße von mir und mittlerweile meiner Frau Simone (Senomis/Sabir)

  8. Grüss euch 🙂
    Was für eine tolle Geschichte! Hatte alle Gesichter im Kopf.. Auch die Landschaften! Was war das für eine richtig geile Zeit!!!
    Danke Kolle, hast mir ein lächeln ins Gesicht gezaubert! Freue mich auf die Fortsetzung!
    Lg Corchi

  9. Das ist ja so wunderbar und kreativ, was du da schreibst Kolle!
    Danke für diese Zeitreise zurück in unser allseits geliebtes WoW.
    Da kommen Erinnerungen hoch an eine eindrückliche Zeit, die mir zwar viel Zeit geraubt hat, aber auch unendlich viele schöne Stunden beschert hat.
    Liebe Grüße an alle
    Muhmuck/Tahandra

  10. So cool, Kolle. Man fühlt sich echt zurückversetzt ?. Besonders die Beschreibung der alten Verhaltensweisen ist gigantisch, da sind die Grenzen zwischen Charakter und Person dahinter fließend… Danke, dass du dir die Mühe machst!

    Viele Grüße an alle
    Flo/Josi

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